Exposé

Richard Haberlandt (1890-1963) gehört zu der vergessenen Künstlergeneration des 20. Jahrhundert. Er studierte Kunst in seiner Geburtsstadt Graz und in Berlin und erwarb dort die Lehrbefugnis als Zeichenlehrer. Von 1915 bis 1918 nahm er am WK I teil, an der Ost- und Westfront in Verdun und Baroncourt. Im Gegensatz zu den meisten seiner zeitgenös­sischen Künstler­kol­legen skizzierte er  in dieser Zeit nicht die auf­regenden und gräulichen Kriegsgeschehnisse, sondern deren Folgen für Mensch und  Natur. Er kehrte schwer traumatisiert aus dem Krieg, begann jedoch bereits im April 1919 seine Lehrtätigkeit an dem Geraer Realgymnasium. In Gera fand er rasch Anschluss an den Geraer Künstlerkreis und beteiligte sich aktiv an mehreren Ausstellungen und mit zahlreichen Re­zen­sionen der dortigen Ausstellungen. Das sind die einzigen schriftlichen Belege seiner dezidierten  Kunstauffassung. In seiner Geraer Zeit der 20 er Jahre und auch in den 30 er Jahren   zählt er weitgehend zu den Vertretern der Neuen Sachlichkeit. Er  war eng befreundet mit Kurt Günther. Aufgrund seiner Kriegstraumen übersiedelte er 1937 nach Bad Urach, wo er als Pensionär und freier Künstler bis zu seinem Lebensende arbeitete. Er befasst sich in seiner Uracher Zeit vorwiegend mit Menschen und den Dingen seiner Umgebung. Als ein durchaus an den alten Meistern orientierter und dabei experimentierfreudiger Realist ist er ein Meister des Porträts und zeichnete und malt zahlreiche  ausdrucksstarke, symbolisch gemeinte Stillleben sehr persönlich gefärbt mit unterschiedlichen Materialien. Er trennte sich ungern von seinen Bildern, die er scherzhaft auch seine Kinder nannte. Freunden und hartnäckigen Käufern machte er daher mitunter sogar „aktualisierte Kopien“. Er reiste jährlich in Deutschland, Österreich und Italien, vor allem in den Bergen, nahm jedoch nicht mehr Teil am öffentlichen Kunstleben, auch nicht an  Ausstellungen.

Eine erste sorgfältige und eingehende Beurteilung und Würdigung Richard Haberlandts Lebenswerk von Dr. Bernhard Stumpfhaus und Prof. Sergiusz Michalski findet sich im Katalog der Bad Uracher Ausstellung 2014 (ISBN-978-3-00-047385-2). Er enthält auch eine ausführliche Biographie des Künstlers.